Denkmalschutz in Niederbachem

von Prof. Dr. Dr. Harald Uhl

Die Gemeinde Wachtberg ist reich an denkmalgeschützten und an schützenswerten Objekten, der historischen und kulturellen Tradition des Drachenfelser Ländchens – wie die volkstümliche Bezeichnung seit 700 Jahren lautet – entsprechend. Von den fast 200 unter dem Schutz des Denkmalschutzgesetzes von Nordrhein-Westfalen stehenden Denkmälern Wachtbergs befinden sich 23 in Niederbachem und unterstreichen den historischen Rang des größten Ortes von Wachtberg, der auf eine urkundlich nachgewiesene Geschichte von mehr als 1200 Jahren verweisen kann. Archäologische Funde reichen bis in die Jungsteinzeit und in die Zeit der römischen Herrschaft im Rheinland zurück – Niederbachem ist offenbar seit rd. 2 000 Jahren ständig besiedelt.

Denkmalschutz ist keine überflüssige Liebhaberei – mit dem Erhalt und der Pflege traditionsreicher und kulturell wertvoller Bauwerke und Werken den bildenden Kunst  wird ein unverzichtbarer Beitrag zur sichtbaren Geschichte, zum historischen Ortsbild und  zur Heimatkultur geleistet. Der seit 1966 bestehende Heimat- und Verschönerungsverein Niederbachem (HVN) hat daher von Anfang an eine seiner wichtigsten Aufgaben in der Erhaltung und der Renovierung von denkmalgeschützten Objekten und der Erweiterung des Denkmalschutzes auf Objekte gesehen, die von Verfall oder Abriss bedroht sind.

Das ist ein Wettlauf mit der Zeit und gelegentlich mit der Abrissbirne. So hat es in der heimischen Bevölkerung erhebliches Unverständnis ausgelöst, als vor einigen Jahren das traditionsreiche Wohnhaus des Sohnes des ersten Nie­der­bachemer Apfelkraut-(Sirup-)fabrikanten Jacob Zettelmeyer (1807-1887), Peter Zettelmeyer (1846-1928), verschwand: Peter Zettelmeyer hatte u.a. 1898 durch den technisch vielbewunderten Einsatz seiner hydraulischen Presse im Zuge der Neugestaltung der Bonner Innenstadt das alte Sterntor „umgedeut“, d.h. für den versetzten (heute noch stehenden) Wiederaufbau umgedrückt, und dadurch den Spitznamen „Deumann“ erhalten. Sein Wohnhaus in der Austraße stand nicht unter Denkmalschutz und konnte daher 2004 kurzfristig abgerissen werden.

Der HVN hat dieses Ereignis zum Anlass genommen, einen Arbeitausschuss für den Denkmalschutz einzurichten, dem die Herren Benedikt Auen, Dr. Peter Dallinger, Dr. Heinz Schlesinger und der Unterzeichnet angehören. Sie haben gemeinsam mit Heinz-Dieter Willeke diese kleine Broschüre vorbereitet, in der die z.Zt. denkmalgeschützten Objekte vorgestellt und auf weitere kulturelle wertvolle Bauwerke und bauliche Erinnerungen hingewiesen wird. Die Texte fußen auf der offiziellen Denkmalliste der Gemeinde Wachtberg, vor allem aber auf  den grundlegenden Arbeiten des Lokalhistorikers Werner Heuer (1916-2005), der in 13 „Niederbachemer Heften“ des HVN die Grundlagen für die Hei­mat­for­schung in Niederbachem gelegt hat.

Mit dieser Publikation soll das Bewusstsein für den Wert der sichtbaren Ortsgeschichte gestärkt und zum Schutz und zur Pflege dieser Kulturgüter aufgerufen werden.

Die fränkische Hofanlage des Henseler-Hofes

Unter den prägenden Fachwerkgebäuden im Ortsbild von Niederbachem nimmt der sogen. Henseler Hof am Ende der „alten“ Konrad-Adenauer-Straße (Nr. 36) durch Größe und Bedeutung für das Ortsleben einen besonderen Rang ein. 1938 von Wilhelm Henseler und seiner Ehefrau Anna von den Brüdern Arnold und Heinrich Witscheid erworben, gilt die ursprünglich um 1800 errichtete vierflügelige Fachwerkwohnhofanlage als besonders gelungenes Beispiel einer fränkischen Hofanlage. Mit seinen zwei geräumigen, z.T. unterkellerten Wirtschaftstrakten, dem geräumigen Innenhof und einem zweigeschossigen Wohnhaus nutzte es das Ehepaar Henseler für einen neugegründeten, bald florierenden Obstbetrieb, der sich dem Anbau und dem Handel mit vor allem Kernobst widmete und damit für Niederbachem nach dem durch die Reblaus Anfang des 20. Jh. beendeten Weinbau neue wirtschaftliche Impulse schuf. Nach dem Tod von Wilhelm Henseler 1972 wurde der Betrieb anschließend weiter geführt, von Sohn Alfons und die Anlage für Wohnzwecke genützt.
Viele Jahre lang konnte der HVN dank der Bereitschaft seiner Witwe Anna Henseler (1915-1999) die Sommerfeste oder andere Anlässe in dem stimmungsvollen Innenhof in geselliger  Runde, mit Getränken und Grillangeboten, mit Musik und Volksliedern feiern.
Als Anna Henseler aus Altersgründen die Wohngebäude aufgab, konnte die Gemeinde Wachtberg das Objekt mit dem Ziel ankaufen, einen seit langem gewünschten Dorfsaal zu schaffen und zugleich das historische Ortsbild zu erhalten. Beides gelang in der Folge: Die denkmalgeschützen Teile des Wohnhauses und des Nebengebäudes wurde sachkundig restauriert und ab 1997 durch das Ehepaar Hofmann als bodenständige Gastwirtschaft geführt.
Die seitlichen Wirtschaftsgebäude wurden abgerissen und unter hohen Eigenleistungen der Mitglieder örtlicher Vereine ein baulich dem historischen Erscheinungsbild angepasster geräumiger Dorfsaal geschaffen, der seither für die Ortsfeste im Jahreslauf, aber auch für zahlreiche private Feiern einen geeignet Rahmen bietet. Seit Januar 2007 setzt das Ehepaar Irmgard und Jürgen Holwein die gastronomische Tradition mit einem neuen Konzept fort.

Vierflügeliger Fachwerkhof – Konrad-Adenenauer-Straße 34

Der nach einem Vorbesitzer Werscheid-Hof genannte Fachwerkbau ist um 1790 entstanden und bildet einen geschlossenen Baubestand als Beispiel einer verhältnismäßig großen, repräsentativen Hofanlage.
Das zweigeschossige, giebelständig zur Straße stehenden Wohnhaus zeigt auf einem kleinen, verputzten Steinsockel schlichtes Gefache mit einem Schwellenkranz auf den Traufseiten, die Fenster an originaler Stelle, z.T. mit Ganzglasscheiben ausgestattet, und ein Krüppelwalmdach. An das Wohnhaus anschließend der Torbau mit der Jahreszahl 1790. Die Wirtschaftsgebäude sind giebelständig zur K.-Adenauer- Straße eingeschossig, Scheune und Stallungen rückwärts wieder parallel zur K.-Adenauer-Straße, z.T. erneuert und nicht denkmalwürdig.

Bei den umsichtigen Renovierungsarbeiten der gegenwärtigen Eigentümer wurde ein lange vergessener, aber funktionsfähiger Hofbackofen freigelegt, der ein wichtiges Zeugnis für den im 19. Jh. blühenden Backofenbau in der Eifel und am Rhein (Königswinter!) bildet. Seine gelegentliche Wiederinbetriebnahme wird überlegt.

Auch dadurch ist diese Anlage lt. Denkmalschutz „bedeutende für die Entwicklung der Ortschaft Niederbachem und die Entwicklung der Arbeits und Produktionsverhältnisse in der Landwirtschaft, hier im (bis zum Beginn des 20. Jh. florierenden) Weinbau, erhaltenswert besonders aus volkskundlichen bau- und ortsgeschichtlichen Gründen“.